
David Seven Deers
Erbe in Stein meißeln
Biografie
David Seven Deers (*1957 in Vancouver) ist ein kanadischer Künstler und Autor indigener Abstammung. Er ist Angehöriger der Coast-Salish-Nation (Stó:lō) und speziell des Volkes der Skwah der Stó:lō. Als freischaffender Bildhauer, Ausstellungskurator und Kinderbuchautor arbeitet er in der Provinz British Columbia. Seine künstlerische Ausbildung begann er 1974 an der Vancouver School of Art. Seit 1978 unternimmt er regelmäßig Reisen nach Europa, wo er einen beträchtlichen Teil seines Schaffens der Öffentlichkeit präsentiert.
Geburtsjahr
1957
Geburtsort
Vancouver, Kanada
Ausbildung
Vancouver School of Art (1974)
Wohnort
Greenwood, British Columbia
Spirituelle und kulturelle Identität
Seven Deers gehört zum Volk der Skwah der Stó:lō (Coast Salish) und spricht die indigene Sprache Halkomelem. Er versteht sich selbst ausdrücklich als "Indianer" und legt Wert darauf, so bezeichnet zu werden. Seine kulturelle Identität prägt sein künstlerisches Wirken in hohem Maße: So basiert seine Weltanschauung auf den Traditionen seines Volkes, insbesondere auf Spiritualität und der Potlatch-Geschenkekultur.
Kunst als Gebet und Medizinarbeit
Seven Deers betont, was unter seinen Händen entsteht, sei "kein Kunstwerk, sondern ein Gebet, eine Medizinarbeit" – Kunst ist für ihn also ein spiritueller Akt. In Halkomelem, der Sprache der Coast Salish, existiert kein eigenes Wort für "Kunst"; kreatives Schaffen gilt vielmehr als heilender Dienst an der Gemeinschaft, der anderen helfen soll.
Rituelle Zeremonien
Dementsprechend integriert Seven Deers traditionelle Zeremonien in seine Arbeit: Zu Beginn einer Schöpfung räuchert er Salbei, Tabak und Fleisch als Opfergabe, "um Geist und Herz zu öffnen" und die Verbundenheit der Menschen untereinander und mit der Natur zu stärken. Diese rituellen Handlungen – vergleichbar dem Smudging – sind fest in seiner Kultur verankert.
Traditionelles Wissen weitergeben
Als Ältester (Elder) und Wissensträger seiner First Nation gibt Seven Deers das traditionelle Wissen an die nächste Generation weiter. So erlernte er selbst den Gebrauch ritueller Segen-Schalen (Blessing Bowls) von seiner Großtante Rosaleen George, einer hochgeachteten Elder der Stó:lō-Gemeinschaft in Chilliwack. Sie weihte ihn in die alten Zeremonien ein – etwa segnete sie seine neugeborenen Kinder mit heiligem Öl – und überlieferte ihm Geschichten über die Bedeutung solcher Ritualgegenstände.
Öffentliche Aktivitäten und Auftritte
Bereits seit den 1990er Jahren macht David Seven Deers international auf sich aufmerksam, indem er Kunst und Kultur seines Volkes in die Öffentlichkeit trägt.
Hamburg Totempfahl (1995-1997)
1995 wurde er nach Deutschland eingeladen, um an den Völkerkundemuseen in Hamburg und München monumentale Totempfähle zu errichten. In Hamburg arbeitete er fast drei Jahre lang im Innenhof des Museums an einem 12 Meter hohen Totempfahl aus Zedernholz. Diese Skulptur mit dem Titel "Oh-let – Respekt" zeigt Sinnbilder des kulturellen und physischen Lebens der Coast Salish. Sie wurde 1997 feierlich als Gabe (Potlatch-Geschenk) an die Stadt Hamburg aufgestellt.
Lübeck Artist in Residence (2025)
2025 wirkte er als Artist in Residence am Museum für Natur und Umwelt in Lübeck. Über sechs Monate hinweg meißelte er dort unter freiem Himmel aus zwei gewaltigen Granitblöcken ein Kunstwerk namens "The Spirit Canoe". Diese Live-Performance – das Spalten eines 7-Tonnen-Findlings und Herausarbeiten eines spirituellen Kanus mit Tier- und Symbolfiguren – war Teil der Ausstellung "Fantasie und Vielfalt. Nordamerika in der Sammlung Kulturen der Welt", die Seven Deers in Lübeck mitkuratiert hat.
Gemeinschaftsengagement
Während der Schaffensphase suchte er aktiv den Austausch mit dem Publikum: Jeden Donnerstagabend entzündete er im Museumshof ein Lagerfeuer und lud Besucher zum Gespräch, Geschichtenerzählen ein. Diese offene Runde entwickelte sich zu einem beliebten Treffpunkt für kulturellen Dialog.
Bildungsarbeit in Kanada
Mehrere Jahre lang reiste er als Geschichtenerzähler und indigener Autor durch Grundschulen im Bezirk Boundary (British Columbia), wo er im Kreis sitzend am Feuer den Kindern Geschichten und Werte seiner Salish-Kultur vermittelte. 2014 gestaltete er gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern einen "Aboriginal Learning Circle" – einen Lehrpfad mit Skulpturen und Petroglyphen – und weihte mit der Gemeinde ein symbolisches "Tor" (Gateway) sowie die Figur Heelah feierlich ein.
Veröffentlichungen und Werke
David Seven Deers hat mehrere Bücher und andere Werke veröffentlicht, die sich mit der Kultur und Spiritualität der Coast Salish befassen.
Die Menschen an meinem Ufer. Ein Fluss erzählt die Geschichte der Skwahla-Indianer
Frederking & Thaler (1996/97)
Ein erzählendes Werk, in dem der Fluss Stó:lō (Fraser River) aus seiner Perspektive die Geschichte des Skwahla-Stammes schildert. Seven Deers hat dieses Manuskript der Stammesältesten als Herausgeber veröffentlicht; der Fluss fungiert darin als Stimme des kulturellen Gedächtnisses seines Volkes. Der Erlös dieses Buches floss in den geplanten Bau eines traditionellen Rundhauses (spirituellen Versammlungsortes) für die Stó:lō-Gemeinschaft.
Heelahs Traum. Eine indianische Schöpfungsgeschichte
Little Tiger Verlag (2010)
Ein zweisprachiges Bilderbuch (Deutsch/Englisch), das eine Schöpfungslegende der Salish erzählt. Der Text stammt von David Seven Deers, die Übersetzung ins Deutsche besorgte Sanna Seven Deers; die Illustrationen stammen von Merle Michaelis. Das Buch vermittelt Kindern wie Erwachsenen die Mythologie der Coast Salish und erschien parallel in Kanada (englisch) und Deutschland (zweisprachig).
Potlatch
Little Tiger Verlag (2012)
Ebenfalls zweisprachig (dt./engl.) erschienenes Kinder- und Jugendbuch von David Seven Deers. Mit Illustrationen von Merle Michaelis wird darin die Bedeutung des Potlatch-Festes – des traditionellen Schenkungsfestes der Nordwestküsten-Stämme – in erzählerischer Form vermittelt. Übersetzung: Sanna Seven Deers.
Travelling Mother. A First Nations' Journey / Reisende Mutter. Indianische Parabeln
Seliyah Books / Merlin Verlag (2014)
Eine Sammlung von Parabeln und Geschichten aus der Feder von Seven Deers, die Weisheiten und Erfahrungen der First Nations vermitteln. Die deutsche Ausgabe Reisende Mutter wurde von Sanna Seven Deers übersetzt und beim Merlin Verlag veröffentlicht. In diesen Erzählungen verarbeitet Seven Deers sowohl autobiografische Erlebnisse als auch überlieferte Geschichten seiner Vorfahren.
Zuhause in der Wildnis – mein indianisches Leben
ARTE TV (2014)
In dieser Fernsehdokumentation wird das Leben der Familie Seven Deers in der Wildnis British Columbias porträtiert. Der Film zeigt David und Sanna Seven Deers, wie sie ihre Kinder abseits der modernen Zivilisation im Einklang mit der Natur großziehen (Originaltitel engl.: "At Home in the Wilderness – My Life as an Indian"). Der ARTE-Beitrag machte Seven Deers einem breiten europäischen Publikum bekannt und unterstreicht sein Anliegen, traditionelle Lebensweisen der First Nations verständlich zu machen.
Organisationen und Projekte
David Seven Deers engagiert sich aktiv in der kulturellen Bildung und Gemeinschaftsarbeit.
Sculpture Art Academy
Grand Forks, BC
In seiner Heimat hat Seven Deers die Initiative zur Gründung einer gemeinnützigen Kunstakademie namens "Sculpture Art Academy" ergriffen. Diese eingetragene Charity-Organisation bietet kostenlose Workshops und Workshops an, die von David Seven Deers persönlich geleitet werden. Das Hauptziel der Akademie ist es, jeden Künstler auf seinem Weg zu einer eigenen kreativen Ausdrucksform zu begleiten und sein kulturelles Erbe durch die Kunst zu stärken. Die Kurse stehen jedoch nicht nur First-Nations-Angehörigen offen, sondern "jedem, der aufrichtig lernen möchte" (so das Akademie-Motto).
Aktuelle Projekte
The Spirit Canoe – Lübeck
Seit Mai 2025 arbeitet Seven Deers an einem groß angelegten Kunst- und Versöhnungsprojekt namens Spirit Canoe. In Lübeck hat er im Oktober 2025 sein Spirit Canoe vollendet – ein in zwei Teile gespaltenes Granit-Kanusymbol, flankiert von Tiergeistern und Figuren aus der Salish-Tradition. Nach 179 Tagen intensiver Arbeit unter freiem Himmel wurde das sieben Tonnen schwere Werk fertiggestellt und am 4. November 2025 im Rahmen eines feierlichen Potlatch-Rituals an die Bürgerschaft der Hansestadt übergeben. Bei diesem traditionellen Schenkungsfest mit Lagerfeuer und Gesang überreichte Seven Deers das Spirit Canoe als Freundschaftszeichen und Segen für Lübeck. Das Kunstwerk verbleibt dauerhaft in Lübeck und ist an einem öffentlich zugänglichen Platz auf dem Lübecker Domhof, als Ort der Reflexion, Begegnung und kulturellen Verständigung.
Arbeitstage
179
Gewicht
7 Tonnen
Vollendung
Oktober 2025
Potlatch
4. November 2025
Spirit Canoe Home – Grand Forks, BC
Parallel dazu plant Seven Deers, ein ähnliches Spirit-Canoe-Projekt in Kanada zu realisieren. Die Figur "Shining Raven Woman (Ikasha)" – eine von Seven Deers geschaffene Salish-Skulptur aus Labradorit – soll in Grand Forks (BC) eine eigene Heimstatt erhalten. Der Stadtrat von Grand Forks hat bereits zugestimmt, Ikashas künftiges "Spirit Canoe Home" an der Zusammenfluss-Stelle zweier Flüsse anzusiedeln. Dort ist ein erdbedecktes Kuppelbauwerk (Earth Lodge) als Versammlungsort geplant, das von Ikashas Botschaft der Hoffnung, Einheit und Schönheit erfüllt sein wird. Dieses kanadische Schwesterprojekt soll Menschen aller Herkunft zusammenbringen und an die heiligen Stätten sowie die Lebenskultur der First Nations in diesem Gebiet erinnern.
Shining Raven Woman →Ikashas Liebeslied →
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Das Lübeck-Projekt: The Spirit Canoe
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